VDAJ: Kommunikationspreis: „Notruf aus dem Schweinestall“ überzeugt Jury

Preisträger Sebastian Balzter
Foto: Krick

Der Verband Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) hat Sebastian Balzter, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung FAS, für die Reportage „Notruf aus dem Schweinestall“ mit dem VDAJ-Kommunikationspreis 2021 ausgezeichnet. Die Reportage, die in der FAS-Ausgabe vom 13. September 2020 erschien, führt auf einen Betrieb mit Ferkelaufzucht in Osthessen und zeigt am Beispiel eines jungen Landwirts die Existenznöte in der Schweinehaltung auf. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, würdigten den Preisträger am 21. Januar 2021 im Rahmen der digitalen VDAJ-Pressegespräche auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin.

Sebastian Balzter ist im Wirtschaftsteil der FAS unter anderem für die Berichterstattung über Themen aus der Ernährungs- und Agrarwirtschaft zuständig. 2018 hat er sich zum ersten Mal ausführlich mit der Lage der Schweinehalter beschäftigt, damals wegen der Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest. Seitdem wusste er, dass die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe nirgendwo sonst so schnell zurückging wie unter den Ferkelhaltern.

„Die persönliche Begegnung war sehr wichtig“

Die Krise der Schweinehalter, die im vergangenen Jahr vom coronabedingten Rückgang der Schlachtkapazitäten ausgelöst wurde, verlieh einer alten Idee Balzters neuen Schwung: „Ich wollte damals schon einen – möglichst jungen – Ferkelhalter portraitieren und dabei die Vielzahl der Schwierigkeiten beschreiben, mit denen er und seine Kollegen konfrontiert sind“, berichtete Balzter über die Hintergründe seiner Reportage. Auf Landwirt Björn Döppner aus Bimbach, einem Dorf in der Nähe von Fulda in Osthessen, sei er zufällig bei der Lektüre der Fuldaer Zeitung gestoßen. „Die persönliche Begegnung war sehr wichtig für mich. Ohne sie hätte ich mich nicht so gut in die schwierige Situation der Schweinehalter hineinversetzen können“, resümierte Balzter. So sei ihm erst bei diesem Treffen bewusst geworden, wie sehr nicht nur die ökonomischen Rahmenbedingungen die Existenz der Landwirtsfamilien bedrohten, sondern auch die Angst vor Einbrüchen von Aktivisten.

„Eindrückliche und differenzierte Darstellung“

Die Jury des VDAJ überzeugte die eindrückliche und differenzierte Darstellung der aktuellen Situation und gesellschaftlichen Debatte rund um die Schweinefleischerzeugung. Über den offensichtlichen Widerspruch zwischen fehlender Planungssicherheit und Perspektiven für die Landwirte sowie sinkender Anerkennung und zugleich hohem Schweinefleischkonsum habe Balzter umfassend und authentisch informiert. Die verschiedenen Argumente aller Beteiligten – Landwirte und Kritiker – würden in einem ausgewogenen Verhältnis aufgeführt und nicht bewertet. So schaffe Balzter Nachdenklichkeit ohne Bevormundung und Leserinnen und Leser könnten sich ihre Meinung selbst bilden. Auch die Ergänzung der Reportage mit Statistiken zu den Entwicklungen im Schweinesektor ermögliche eine umfassende Einordnung des Themas.

Guter Journalismus nutzt Landwirtschaft und Gesellschaft

Der VDAJ würdigte Sebastian Balzter als Journalist mit großer Wissens- und Analysekompetenz, dessen Reportagen und Berichte kritisch, aber zugleich fair und getragen von Interesse und Empathie für die Agrarbranche seien. „Ohne ehrliches Interesse und Einfühlungsvermögen in die Situation des Landwirts wäre es Sebastian Balzter nicht möglich gewesen, einen solch authentischen Einblick in die bedrohliche Situation mancher Landwirte und ihrer Familien zu erhalten“, ist VDAJ-Vorsitzende Katharina Seuser überzeugt. Die Einbettung von professionell recherchierten Fakten in eine starke Geschichte sei vorbildlich gelungen. Für Leser aus der Landwirtschaft sei Qualitätsjournalismus als Blick von außen für die Selbstverortung in der Gesellschaft wichtig. Allen anderen Leser würden Artikel nach dem Vorbild der gewürdigten Reportage die moderne Landwirtschaft ohne Stigmatisierung und Ideologisierung näherbringen.

Julia Klöckner
Foto: Krick

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner: „Ich gratuliere Herrn Balzter sehr herzlich zum diesjährigen VDAJ-Kommunikationspreis. Wir sehen, wie unversöhnlich, teilweise erbittert die gesellschaftliche Debatte rund um das Thema Schweinefleischerzeugung geführt wird. Umso wichtiger sind Kommunikatoren wie er, die keine pauschalen Urteile fällen, die mit den Landwirten reden, und nicht über sie. Die eindrückliche und authentische Reportage ohne jegliche Stigmatisierung bringt den Lesern dank persönlicher Begegnung die moderne Landwirtschaft näher – ein differenzierter und wichtiger Beitrag, zu dem ich beglückwünschen möchte.“

Präsident des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied: „Dem Preisträger gratuliere ich herzlich. Gute Recherche, eine differenzierte Darstellung und ein gut geschriebener Bericht waren Grundlage für diese Auszeichnung. Diese Art von Journalismus ist ein echter Mehrwert für die Leser – auch für uns Landwirte“.

Informationen zum Preisträger

Sebastian Balzter hat nach einem Magisterstudium in Geschichte und Skandinavistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg den Weg in den Journalismus eingeschlagen. Nach einem Volontariat bei der Fuldaer Zeitung schrieb er dort als Redakteur im Lokalressort über kommunalpolitische, lokalgeschichtliche und wirtschaftliche Themen. 2007 wechselte er in die Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ. Seit Februar 2015 ist er als Redakteur im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung FAS für die Berichterstattung über Nordeuropa, die Gesundheitsbranche sowie die Ernährungs- und Agrarwirtschaft zuständig.

Link zum Artikel:

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/warum-viele-landwirte-um-ihre-existenz-fuerchten-16950310.html