Auf den Wolf gekommen

DeWolf im Waldr Umgang mit dem Wolf ist ein polarisierendes Thema zwischen Landwirten, Nutztierhaltern, Jägern und Wolfsbefürwortern. Um hier mehr Klarheit in die Diskussion zu bringen, veranstaltete die Landesgruppe eine Online-Diskussion, zu der der Vorsitzende Klaus Strotmann über 30 Teilnehmer, auch Mitglieder anderer Landesgruppen und des VDL, begrüßen konnte.

Mit dem Journalisten Christian Schröder war ein kompetenter Redner gefunden, der sich seit langem und intensiv mit dem Wolf beschäftigt. Er bewirtschaftet einen Resthof in der Altmark, ist Pferdezüchter und somit auch unmittelbar betroffen.

Der Wolf ist in Norddeutschland angekommen. In Niedersachsen leben heute nach offizieller Darstellung 35 Rudel sowie 2 Wolfspaare also mindestens 290 Tiere plus einer entsprechend großen Dunkelziffer. Da der Wolf keine Feinde hat, vergrößert sich die Population jährlich um 30 bis 35 Prozent, so befindet sich der Wolf momentan auch auf keiner „Roten Liste“ als bedrohte Tierart.

Zunächst ging es um die Frage, warum zum Schutz einer einzelnen Tierart ein derart großer Aufwand getrieben wird. Die Landschaft wird eingezäunt, so dass sich auch andere Wildarten nicht mehr frei bewegen können. Das Land gibt für Wolfsmanagement und Zaunbau hohe Summen aus. Dennoch wurden allein in Niedersachsen 2019 über 1000 Nutztiere (Schafe, Rinder, Pferde) durch Wölfe getötet und Hunderte verletzt.

Schröder berichtete, dass die rechtliche Grundlage für die EU die FFH- Richtlinie von 1992 darstellt. Deutschland hat die Vorgabe nur teilweise in nationales Recht übernommen und wesentliche Punkte, wie die Entnahme von Tieren, nicht ins Bundes-Naturschutzgesetz übernommen. So gibt es unterschiedliche nationale Umsetzungen in den Mitgliedsstaaten der EU. Schweden hat z.B. eine Gesamtpopulation von max. 300 Tieren festgelegt, alle weiteren Tiere werden bejagt und der Natur entnommen. Das Baltikum, Ungarn und Rumänien bejagen den Wolf, wie andere Wildarten auch. Grundlage für unterschiedliche Verfahren sind Vereinbarungen in den Beitrittsverträgen zur EU-Mitgliedschaft. Den Schutzstatus des Wolfes kann grundsätzlich nur die EU-Kommission ändern. Der zuständige Kommissar kommt aus Lettland, wo der Wolf munter bejagt wird.

Nicht nachvollziehbar ist, so Schröder, dass Deutschland 2019 nur 166 Tiere als aktuellen Bestand nach Brüssel meldete, Zahlen, die aus den Jahren 2015/16 stammen. Hingegen geht der DBV von 1800 Tieren aus, die heute in Deutschland leben. Auch die Grundlagen für die Schaffung der „Mitteleuropäischen Population“ die ja genetisch mit der osteuropäischen identisch ist, sieht Schröder kritisch. Die Genetik ist ohnehin durch Mischungen mit Hunden verwässert.

„Wolfsfreunde“, wie der NABU, die mit Willkommensaktionen und Wolfspatenschaften nennenswerte Geldbeträge für die Organisation generieren konnten, empfehlen den Bau von Schutzzäunen. „Es gibt bisher keinen wolfssicheren Zaun,“ betont Schröder. Er weist ferner darauf hin, dass Zäune nur durch Landwirte errichtet werden dürfen, die im Baurecht privilegiert sind. Private Tierhalter sind nicht berechtigt, in Niedersachsen gibt es mittlerweile allerdings Ausnahmen. Für den Zaunbau wird in Niedersachsen nur das Material bezuschusst, auf das ausgelobte „Rissgeld“ besteht kein Rechtsanspruch. Aus der Praxis gibt es zahlreiche Meldungen, dass Rissgelder verweigert wurden, weil nach 2 Tagen keine DNA- Probe mehr entnommen werden konnte (?) bzw. der Schutzzaun um wenige Zentimeter von der Vorgabe abwich.

Die grundsätzlichen Diskussionen drehen sich darum, wieviel Tiere erträglich sind. Nach allgemeiner Auffassung kann ein Bestand erst begrenzt werden, wenn ein „günstiger Erhaltungszustand“ definiert ist, der das Überleben der Population Wolf gewährleistet. Andere Länder haben das getan und begrenzen den Zuwachs, in Deutschland steht das noch aus.

Niedersachsen steht vor der Veröffentlichung einer „Wolfsverordnung“, die zunächst wohl juristische Anfechtungen überstehen muss, langwierige Gerichtsverfahren werden folgen, vermutet Schröder. Mittlerweile wird diskutiert, den Wolf in Niedersachsen ins Jagdrecht aufzunehmen, allerdings unterliegt er dann einer ganzjährigen Schonzeit. Jäger haben sich lange dagegen gewehrt, insgesamt soll damit ein besserer Rechtsrahmen für ein Bestandsmanagement erreicht werden.

„Letztendlich befinden wir uns in Deutschland nicht in einer Naturlandschaft, sondern einer vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaft, in der alle Beteiligten miteinander auskommen müssen,“ betonte der Moderator Carsten Brüggemann in seinem Schlusswort.

Text: Kio/CB

Foto: adobe stock/AB Photography