Ab in die Pilze

Pilze sind spannend und können lecker sein. Wenn man weiß, welche man essen darf. Ein paar essbare lernten wir auf der Exkursion mit Horst Labitzke kennen.

Ab in die Pilze hieß es am 19. Oktober für sieben Mitglieder des VDAJ-Landesverband Niedersachsen. Zum Glück hatten wir nach den ganzen Sturm- und Regentagen schönstes Wetter, als wir uns in Resse trafen.

Dort führte uns Horst Labitzke zunächst theoretisch in die Welt der Pilze ein. Der 78-jährige ist seit 1991 anerkannter Pilzberater. Davor hat der gelernte Buchdrucker und pensionierte Berufsschullehrer eine 3-jährige Ausbildung absolviert – jeweils an elf Wochenenden pro Jahr. Ihm hat besonders gefallen, dass er so das gesamte Pilzjahr direkt im Wald und zum Begreifen mitbekam. Denn Pilze gibt es nicht nur im Spätsommer und Herbst. „Aber in die Pilze bin ich schon als Kind mitgegangen. Wir kamen als Flüchtlinge nach Niedersachsen und die Pilze halfen uns, satt zu werden. Unser Brotpilz war der Kahle Krempling.“ Heute darf er diesen allerdings nicht mehr als Speisepilz ansprechen. „Inzwischen weiß man, dass er ein Gift enthält, dass zur Auflösung der roten Blutkörperchen führen kann. „Dabei schmeckt er sehr gut“, sagt der Pilzexperte.

Vorsicht giftiger Doppelgänger

Im Grunde sei es bei vielen Speisepilzen so, dass der eine ihn gut verträgt, anderen liegt er hingegen schwer im Magen. Aber es gibt auch Pilze, deren Verzehr für jeden lebensbedrohlich ist. Zu den meisten Vergiftungen führen Verwechslungen mit Doppelgänger von leckeren Speisepilzen. Das weiß keiner besser als Horst Labitzke. Denn wenn es im Raum Hannover zu einer Pilzvergiftung kommt, wird er als Experte zur Bestimmung hinzugerufen.

Damit uns dies nicht passiert, geht es nach der Einführung mitten rein in einen wunderschönen, schon herbstlich gefärbten Mischwald. „Ich kenne hier jeden Stock und Stein und bin mir sicher, dass wir einiges an interessanten Pilzen finden werden“, sagt Horst Labitzke, bevor er sich seine Gummistiefel überzieht und Körbe an uns verteilt.

Wir sind kaum zwei Meter in den Wald reingegangen, da bückt er sich nach einem unscheinbaren, kleinen Lamellenpilz. Die Hälfe unserer Gruppe ist schon längst dran vorbeigelaufen. „Was haben wir denn da. Ein lila Lackpilz. Sehr lecker“, sagt der Pilzexperte mit leuchtenden Augen. Wir anderen sind uns einig, dass wir niemals auf die Idee gekommen wären, dass dieser tatsächlich essbar sein könnte. Ähnlich ergeht es uns mit dem Nebelgrauen Trichterling, der Herbstlorchel, dem Semmelstoppelpilz oder Safranschirmling – um nur einige unserer essbaren Funde aufzuzählen. Es dauerte kaum eine halbe Stunde, da waren die ersten Körbe gut gefüllt.

Die Zeit im Wald verging mit den Geschichten und Anekdoten von Horst Labitzke wie im Flug! So erfuhren wir zum Beispiel, dass der Name Hallimasch aus dem Plattdeutschen stammt und übersetzt „Hall im Arsch“ heißt. Nicht ohne Grund. Bei vielen führt der Verzehr des Pilzes, den man vor dem Verzehr abbrühen sollte, zu starken Blähungen. „Pilze haben ganz unterschiedliche Nährwerte. Der von vielen so geliebte Pfifferling zum Beispiel ist für unseren Körper nicht zu verwerten.“ Der beste – und für den Experten einer der leckersten Speisepilz – ist in dieser Hinsicht der Schopftintling. Allerdings sollte man diesen innerhalb von drei bis vier Stunden zubereiten. Sonst zerfließt er – wie der Name andeutet – zu einer tintenartigen Flüssigkeit die früher auch als solche verwendet wurde.

Pilze sammeln, dass ist wunderbar entschleunigend. Endlich waren mal alle anstehenden Termine sowie um Artikel kreisenden Gedanken verstummt. Man hat sich nur auf den Waldboden konzentriert. Schaut da nicht eine kleine Marone aus dem Moospolster hervor?

Text: Martina Hungerkamp
Foto: Jens Noordhof