Landesgruppe NORD trifft Minister HABECK

Erstellt am Sonntag, 26. August 2012 23:41

 Als „Minister mit einem großen Themenfeld“ stellte sich Dr. Robert Habeck am Dienstag voriger Woche schleswig-holsteinischen Agrarjournalisten in Kiel vor.

Habeck, der auch nach der Ernennung zum Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Vorsitzender der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen geblieben ist, wollte die Rangfolge der Themen im Ministeriumsnamen nicht politisch gedeutet wissen. Er führe das „Schleswig-Holstein-Ministerium“, interpretierte er seine Aufgabe vielmehr.

Die Herausforderungen für die anstehende fünfjährige Legislaturperiode wollte er unter die Frage gestellt wissen: „Wie verändert sich Schleswig-Holstein?“ Das nördlichste Bundesland sei ein Land im Wandel, so der Minister und Buchautor: „Wir muten uns viele große Infrastrukturprojekte zu, dazu neue Windeignungsgebiete und Stromtrassen.“ Gemeinsam mit dem anhaltenden Strukturwandel in der Landwirtschaft und dem Zuwachs an Maisanbaufläche werde dies das Gesicht Schleswig-Holsteins verändern, erklärte Habeck.

Manches davon sorge bei den Menschen im Land für „emotionale Irritationen“. Ihm selber stehe der Ausbau der Windenergie dabei politisch näher als manches Infrastrukturprojekt. Er hoffe aber, die anstehenden Debatten mit „politischer Klugheit auf den rationalen Kern“ konzentrieren zu können. Landwirtschaftliche Betriebe sollten wirtschaften können. Gleichzeitig sei aber nicht jedes gesellschaftliche Interesse an der Landwirtschaft ein ökonomisches. „Aber diese Einstellung wird von der Landwirtschaft heute geteilt und verstanden“, meint Habeck herausgefunden zu haben. Das Gegeneinander von Landwirtschaft und Naturschutz sei heute nur noch eine Scheindebatte, dieses erkenne er in Gesprächen mit Bauernverbandspräsident Werner Schwarz.

„Nichtstun ist keine Lösung“ setzte Habeck sein Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre unter Erfolgszwang. Hier nannte der Minister unter anderem die Überprüfung des Grünlanderlasses auf Funktionsfähigkeit und die Verringerung des Nitrateintrages durch die Landwirtschaft. Die fristgerechte Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sei im Prinzip nicht mehr einzuhalten, berichtete er. Auch werde man sich in die Diskussion um die eine Privilegierung des landwirtschaftlichen Bauens im Außenbereich sowie die anstehende EU-Agrarreform einbringen. Er halte die Vorschläge von Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) zur Einschränkung der Privilegierung für richtig, könne sich sogar noch eine Verschärfung vorstellen. Beim Greening müsse die Kopplung in der ersten Säule erhalten bleiben. Dennoch kann Habeck sich eine Aufweichung insofern vorstellen, dass schon Betriebe mit mindestens 50 Prozent Grünlandanteil, allerdings bis maximal 30 Hektar Ackerland, von einer Greeningpflicht befreit werden. Ein Ziel sei es dabei, kleinere Betriebe zu schonen. In Bezug auf die EU-Forderung nach einer „Ökologischen Vorrangfläche“ in Höhe von sieben Prozent der Ackerfläche meinte der Grüne, man könne sich „theoretisch“ auch einen Handel mit diesen Verpflichtungen vorstellen. Habeck betonte die Sicht, dass EU-Agrarzahlungen öffentliche Gelder seien, denen eine öffentliche Leistung der Landwirtschaft gegenüberstehen müsse. Dass sich diese Leistung bereits in der Bereitstellung günstiger Milch und preiswerten Getreides erschöpft, bezweifelt er. Vielmehr gehöre dazu der Erhalt der Naturräume.

Habeck versprach, offen in jede Diskussion zu gehen. Zu Beginn müsse die Problembeschreibung stehen, damit man sich gemeinsam auf Erfolg versprechende Maßnahmen verständigen könne. Ordnungsrecht komme erst ins Spiel, wenn der Weg der Freiwilligkeit zu keinem Ergebnis führe. Als Beispiel nannte er die Anbaufläche von Energiemais. Auch wenn ihm klar sei, dass Mais energetisch besonders ergiebig sei, müsse sich die Anbaufläche verändern, mahnte der Minister die Betriebe. Er setzt dazu auf freiwillige Fruchtfolgeregelungen. Auch in die E 10-Debatte will er sich einmischen. Wichtig sei hier aber vor allem, Druck auf die Automobilindustrie auszuüben, Sprit sparende Modelle zu entwickeln.

Die Forderung im Kieler Koalitionsvertrag, der Natur auf 15 Prozent der Landesfläche den Vorrang einzuräumen, wiegelte er etwas ab. Schon heute liege man bei 10,5 Prozent, es würden neue Naturschutzgebiete ausgewiesen, dazu käme die Ökologische Vorrangfläche aus dem Greening. „Wir erreichen die 15 Prozent, indem wir tun, was wir sowieso tun müssen“, sorgte der Minister für Aufklärung.

In die Tierschutzdebatte will er sich vorerst nicht mit eigenen Initiativen einbringen. Er habe aber den Tierschutzbeirat des Landes neu berufen. Dieser werde sich in Zukunft zu strittigen Themen fachlich positionieren.

Abschließend äußerte Habeck Verständnis dafür, dass Landwirte und Fischer es „leid sind, die Prügelknaben der Nation zu sein“. Er habe großen Respekt vor einem Berufstand, der wie kein anderer auf das Witterungsgeschehen reagieren müsse. Dennoch reiche eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise auf den Betrieben nicht. Der Umgang mit der Natur bedinge auch die Verantwortung, das Land zu bewahren und zu schützen. Er selber wundere sich, meinte Habeck etwas scherzhaft, dass er als grüner Landwirtschaftsminister bisher „ohne Beulen“ davongekommen sei. Das Gespräch mit dem Berufstand sei aber von großer Offenheit und Fairness geprägt.

(Text: Hauschildt, Photos: Scheper)