Beziehungskrise – Landwirtschaft und Medien müssen miteinander reden

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v.li. Marius Meyer, Freier Journalist, Jobst Lüdeking, Neue Westfälische, Dr. Dieter Barth, 1 Vorsitzender der VDAJ-Landesgruppe Rhein-Weser, Nadine Henke, Landwirtin und Tierärztin, Matthias Schulze Steinmann, Landwirtschaftliches Wochenblatt Westfalen-Lippe, Dr. Katharina Seuser, 1. Vorsitzende des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten, Wolfram Eberhardt, Leiter Unternehmenskommunikation bei Claas.
Foto: Krick

Stark argumentiert, offen kommuniziert und zielführend moderiert – einen gelungeneren Start hätte die diesjährige Jahrestagung des Verbandes der Agrarjournalisten in Vlotho nicht hinlegen können. „Wie gehen Journalisten und Medien mit Krisen um?“ fragten die Veranstalter dieser Tagung und luden zur Diskussion Vertreter der nichtlandwirtschaftlichen Presse, der Unternehmenskommunikation und der Landwirtschaft dazu ein.

Freie Journalisten wie Marius Meyer sind auf Themen angewiesen, die gesellschaftsrelevant sind und somit Eingang in die Berichterstattung finden. Ergebnisorientierten Journalismus lehnt er ab, die saubere Recherche ist für ihn ein unverzichtbarer Bestandteil des Qualitätsjournalismus. Er bedauert die „Wagenburgmentalität“ der Agrarbranche, die er im Rahmen seiner Recherchen zu einem Filmbeitrag zu den Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen selbst erlebt hat. Das erzeugt beim Journalisten großes Misstrauen.

Nadine Henke, Schweinehalterin und Tierärztin, erläuterte, warum das so ist. Landwirte hätten Angst vor falschen Darstellungen in den Medien, Fakten kommen ihr zu kurz. Dass dies auch anders geht, konnte sie jedoch auch aus eigener Erfahrung berichten. Ihr Betrieb wirkte an einem Fernsehbeitrag mit, der sich mit kritischen Punkten wie Ferkelkastration oder Schwänze kupieren auseinandersetzte. „Es wurde ein guter Beitrag, aber bis zum Ausstrahlungstermin haben wir schlecht geschlafen, weil wir nicht wussten, was auf uns zukommt.“ Doch Angst ist nicht das Ding von Nadine Henke. Deshalb gehört sie zu den aktiven Öffentlichkeitsarbeitern unter den Landwirten. Sie betreibt die betriebseigene Facebookseite „Brokser Sauen“ und ist Mitinitiatorin der Seite „Frag den Landwirt“ und weiß, wie es sich anfühlt, wenn man unter unsachlichen Dauerbeschuss steht.

Wie professionelle Öffentlichkeitsarbeiter auf Krisen reagieren, erläuterte der Kommunikationschef von Claas, Wolfram Eberhardt. „Als Landtechniker gehört man momentan zwar noch zu den Guten“, sagte er. Dennoch habe man zu potentiellen Krisen Kommunikationsstrategien „in der Schublade“, um schnell und konstruktiv reagieren zu können. Auch er plädierte für Offenheit im Umgang mit den Medien. Jobst Lüdeking von der Neuen Westfälischen bildete bei einigen Fragen sozusagen die Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Presse. Als Nebenerwerbslandwirt und Journalist weiß er um die Zwänge und Probleme beider Berufsgruppen. „Vertrauen schaffen“ ist die große Herausforderung für die künftige Diskussion zwischen Agrarbranche und Medien, fasste der Moderator Matthias Schulze Steinmann, Stellvertretender Chefredakteur beim Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe, zusammen. Inwieweit Agrarjournalisten in dieser Diskussion eine Rolle spielen können, wurde anschließend in der Forumsdiskussion ebenfalls thematisiert. In einem Facebook Landwirte-Forum äußerte sich Nadine Henke im Anschluss mit diesen Worten: „Danke, es war für mich hochinteressant und hat wirklich Spaß gemacht! Es wird Zeit, dass wir Landwirte endgültig die Scheuklappen gegenüber Journalisten ablegen!!!“