Künstliche Intelligenz – Kollege oder Konkurrent?

Die Künstliche Intelligenz verändert den Journalismus: Algorithmen schreiben Meldungen, sortieren Datenfluten und übernehmen sogar redaktionelle Aufgaben. Was heute als Unterstützung beginnt, könnte morgen ganze Berufsbilder infrage stellen. Wo endet die Hilfe – und wo beginnt die Gefahr, wenn Maschinen mitentscheiden, was wir lesen? Zwischen Effizienzgewinn und ethischen Fragen entsteht ein neues Zusammenspiel von Mensch und Maschine, das die Zukunft des Journalismus prägen wird. Wie gehen die Agrarfachmedien damit um? Wir haben nachgefragt.

Entlastung ja, Ersatz nein

Guido Höner, Chefredakteur top agrar und Matthias Schulze Steinmann, Chefredakteur top agrar:

Guido Höner, Chefredakteur top agrar
Foto: Meckel

Künstliche Intelligenz (KI) ist für uns als landwirtschaftliche Fachzeitschrift Chance und Herausforderung zugleich. Wir sehen die Technologie nicht als Ersatz für journalistische Arbeit, sondern als Werkzeug, das die Redaktion unterstützen und entlasten kann.

In unserer Redaktion nutzen wir bereits einzelne KI-Tools, etwa zur Textoptimierung, für Bildbearbeitungen oder zur Strukturierung umfangreicher Dokumente. Damit lassen sich Routinetätigkeiten beschleunigen, sodass wir mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen: Recherche, Einordnung und Bewertung. KI kann helfen, die steigende Informationsflut zu sortieren und komplexe Themen schneller zu erfassen – am Ende entscheidet aber immer der Redakteur, was veröffentlicht wird.

Matthias Schulze Steinmann, Chefredakteur top agrar
Foto: Meckel

Die Risiken sind uns bewusst: KI produziert keine Wahrheit, sondern Wahrscheinlichkeiten. Fehler, Verzerrungen oder „Halluzinationen“ gehören zum System. Deshalb gilt: Alles, was mit Unterstützung von KI entsteht, wird sorgfältig redaktionell geprüft. Qualitätskontrolle, Quellenkritik und der journalistische Kompass sind unverzichtbar.

Wir sehen KI nicht als Bedrohung, sondern als Chance, unseren Journalismus weiterzuentwickeln. Entscheidend ist, dass wir die Technologie bewusst, transparent und kritisch einsetzen. Ablehnen würden wir sie nicht – sehr wohl aber eine unkritische Nutzung ohne klare Regeln. Für uns bleibt klar: KI kann das journalistische Handwerk ergänzen, aber nie ersetzen. Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit und Relevanz entstehen durch Menschen, nicht durch Maschinen.

Neue Freiräume für Kernkompetenzen

Anke Fritz, Chefredakteurin agrarheute und Simon Michel-Berger Chefredakteur agrarheute:

Anke Fritz, Chefredakteurin agrarheute/Leitung Produktion print und digital
Foto: dlv

Agrarheute setzt Künstliche Intelligenz (KI) gezielt ein, um die redaktionelle Arbeit effizienter zu gestalten und die Qualität unserer Inhalte weiter zu steigern. Unser Ziel ist es, Agrarjournalistinnen und -journalisten den Rücken für ihre Kernkompetenzen freizuhalten: Recherche, Einordnung und Bewertung komplexer agrarwirtschaftlicher Themen. KI-gestützte Tools übernehmen bei uns vor allem Routinetätigkeiten wie das Transkribieren von Interviews, Bildbearbeitung aber auch die Bewertung von Texten. Zudem nutzen wir KI, um große Informationsmengen schneller zu durchsuchen. Dabei steht der verantwortungsvolle Umgang mit KI im Vordergrund: Jeder von KI unterstützte Beitrag wird stets von unserer Redaktion geprüft, fachlich bewertet und journalistisch aufbereitet. Eine KI-Richtlinie ordnet ein, welcher Einsatz erlaubt ist. 

Simon Michel-Berger Chefredakteur agrarheute, Leiter Verlagsbereich Agrar und Forst

So stellen wir sicher, dass journalistische Standards, Quellenkritik und ethische Grundsätze gewahrt bleiben. KI ist für uns kein Ersatz, sondern ein Werkzeug, das die Arbeit unserer Redaktion ergänzt. Sie ermöglicht es, Themen schneller aufzugreifen, Hintergründe fundierter darzustellen und komplexe Zusammenhänge besser aufzubereiten. Damit schaffen wir mehr Raum für kreativen, unabhängigen Agrarjournalismus und können unsere Leserschaft noch zielgerichteter mit relevanten Informationen versorgen.

AGRA Europe muss „vor der Welle“ schwimmen

Dr. Uwe Steffin, Chefredakteur Agra Europe:

Dr. Uwe Steffin, Chefredakteur Agra Europe
Foto: AgE

Sprachmodelle bedrohen das Geschäftsmodell von AGRA Europe. Denn ChatGPT und Co. liefern auch zu Fachthemen in Sekundenschnelle brauchbare Ergebnisse. Dadurch schwindet bei unseren Kunden die Zahlungsbereitschaft für generische Nachrichten. 

Was folgt aus diesem Befund?

  • AgE setzt redaktionell bewusst einen Kontrapunkt: Wir verzichten auf KI-gestützte „Textoptimierungen“. Auch KI-generierte Inhalte haben bei AGRA Europe keinen Platz. Schreiben ist und bleibt Handwerk. Im Freigabeprozess gilt das Vieraugen-Prinzip. Zum Umgang mit KI gibt es in der Redaktion klare Regeln. Unser Nachwuchs lernt das journalistische Handwerk auf klassische Art und Weise.
  • Bei Recherche, Übersetzung, Transkription und Prozessmanagement setzen wir hingegen konsequent auf kommerzielle KI-Tools wie ChatGPT, deepL, Sonix oder QWiki. Solche Werkzeuge entlasten Redakteure und Administration von unkreativen Routinetätigkeiten. Dadurch erhöht sich die Schlagzahl bei der eigentlichen Produktion von Nachrichten. Vor allem aber schaffen die Tools Freiräume für persönliche Kontakte durch Teilnahme an Branchenevents, aber auch für neue journalistische Formate.
  • AGRA Europe setzt redaktionell verstärkt auf Analyse, Kommentierung und Einordnung. Wer steht wo in der agrarpolitischen Debatte? Was ist die Nachricht hinter der Nachricht? Damit wollen wir als Fachredaktion gegen die KI punkten.
  • Inhaltlich muss AgE künftig konsequent „vor der Welle“ schwimmen, um den Sprachmodellen immer mindestens einen Schritt voraus zu sein. Dafür nutzen wir unsere ausgezeichnete Vernetzung in Berlin, Brüssel und bundesweit. Denn beim persönlichen Austausch und bei der Berichterstattung von Vor-Ort wird die KI so schnell nicht „dazwischen“ kommen. 

Weiterführende Informationen

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Journalistenpreis "Grüne Reportage 2026"

Der Verband Deutscher Agrarjournalisten e. V. (VDAJ) schreibt zum achten Mal den Journalistenpreis „Grüne Reportage“ aus. Gesucht werden Beiträge mit Relevanz für die Landwirtschaft und ihren vielfältigen Aufgaben.

 

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