Stresstest zum Start
Für Hanka Mittelstädt (SPD) waren ihre ersten Monate als Ministerin für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in Brandenburg alles andere als gradlinig und entspannt. Für die Landesgruppe Berlin/Brandenburg/Thüringen/Sachsen ein Grund mehr, sie anlässlich ihrer ersten 100-Tage-Bilanz zu einem Gespräch Ende März im Ministerium in Potsdam aufzusuchen.
Schon ihrer Vereidigung und dem Amtsantritt gingen arbeits- und entscheidungsreiche Wochen voraus. Unmittelbar nach der Berufung galt es erst einmal, den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb in der Uckermark in andere Hände zu übertragen. Interessenkonflikte sollten von vornherein verhindert werden. Dadurch wurde Mittelstädt rund einen Monat später am 13.12.24 gesondert von der Landtagspräsidentin vereidigt.
Ohne Vorwarnung
Kaum im Ministeramt - genau am 28. Tag, dem 10. Januar - mitten in der „heißen“ Vorbereitungszeit zur Grünen Woche 2025 dann die Hiobsbotschaft: in Märkisch-Oderland Ausbruch der weltweit gefürchteten Maul- und Klauenseuche! Ein solcher Befund erzeugt nicht nur landesweite Aufregungen, sondern auch bundes-, gar weltweite Alarmstimmung. Bei dieser Gefahrenlage zählt jeder Tag. Allein der materielle Schaden für die heimische Landwirtschaft wächst exponentiell, verschärft durch restriktive Einschränkungen des weltweiten Handels mit Nutztieren und tierischen Produkten.
Mittelstädt legte einen überzeugenden Start hin
Die Einarbeitungszeit war für Hanke Mittelstädt also passé, stattdessen rund um die Uhr Beratungen, Termine und Entscheidungen, Krisengespräche auf Landes- und Bundesebene 24/7. Das Einrichten von Restriktionszonen und die Vorbereitungen von möglichen Impfungen verlangten zudem Überzeugungskraft gegenüber Landwirtschaft und Lebensmittelkette. In dieser Krisenzeit sei die Zusammenarbeit mit Bundesministerium und dem Friedrich-Löffler-Institut „hervorragend und für ihr Krisenmanagement sehr hilfreich“ gewesen, lobte Mittelstädt. Schon zur ersten Grünen Woche als Ministerin eilte Mittelstädt der Ruf als praxisorientiert, entscheidungsfreudig und zupackend voraus. Am 12. März dann die Erlösung: der Status „Frei von MKS“ war wieder erreicht.
Pragmatismus hilft
Im Gespräch mit der auf dem elterlichen Hof aufgewachsenen Uckermärkerin, die in Neubrandenburg und Kiel Agrarwissenschaft studierte und seit 2023 Mitglied der Brandenburger SPD-Landtagsfraktion ist, fällt ihr Pragmatismus und ihre Zuversicht auf. Die viel kritisierte überbordende Bürokratie will sie in ihrem Verantwortlichkeitsbereich spürbar reduzieren. Sie stellt die Frage, inwieweit die erhobenen Daten überhaupt notwendig und in dem Umfang gebraucht werden. Politik und Gesellschaft müssten „wieder Fehlertoleranzen rechtskräftig zulassen und flachere Prüftiefen akzeptieren“.
Eines ihrer großen politischen Anliegen ist die Verbesserung der Infrastruktur. Deiche zu erneuern, müsse ohne zeitaufwändiges neues Planfeststellungverfahren möglich werden. Wo Politik versagt, sei „die Denkweise zu ändern“. Auch beim Konzept der Zukunftskommission Landwirtschaft, das auf breite Zustimmung, jedoch auf keine politische Umsetzung stieß. Bei den kritischen Punkten müsse man jetzt „neu denken“.
Mindestlohn bereitet Kopfzerbrechen
Zur Erhöhung des Mindestlohns, die in den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene vereinbart wurde, hat die SPD-Politikerin eigene pragmatische Vorstellungen. Sie warnte vor einem auf 15 Euro je Stunde erhöhten Mindestlohn im Agrar- und Gartenbausektor. Auf die von der SPD in den Koalitionsverhandlungen mit der Union eingebrachte Erhöhung blicke sie deshalb zwiegespalten, sagte die Sozialdemokratin vor unseren Agrarjournalisten.
„Große Probleme“ mit der Mindestlohnerhöhung sehe sie bei Saisonarbeitskräften, die nicht aus Deutschland kommen. Denn diese würden das verdiente Geld in der Regel wieder mit in die Heimat nehmen und es dadurch dem System entziehen. „Damit machen wir in Deutschland mehr kaputt, als wir voranbringen,“ gab Mittelstädt zu bedenken. Bei der Saisonbeschäftigung brauche es daher entsprechende Sonderregelungen.
Schon aus Gründen der landwirtschaftlich-fachlichen Kompetenz in der SPD ist der neuen Ministerin bei aller notwendigen journalistischen Distanz Erfolg mit ihrem lösungsorientierten, pragmatischen Arbeitsstil zu wünschen. Denn Mittelstädt ist neben Till Backhaus aus Mecklenburg- Vorpommern aktuell die zweite Landwirtschaftsministerin mit SPD-Parteibuch. Backhaus immerhin seit 27 Jahren – eine Institution, denn fast immer als einziger SPD-Agrarminister!
Michael Lohse & Niels Reisinger (AgE)
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