Superfood aus der Stadt
Das Startup-Unternehmen Kleinblatt produziert mitten in der Stuttgarter City Keimlinge und Gourmetpilze. Die Landesgruppe Baden-Württemberg besichtigte die Indoorfarm im Vorfeld ihrer Mitgliederversammlung Mitte April.
Man ist schnell vorbeigelaufen an Stuttgarts erster Indoorfarm. Dass hier, in einem ehemaligen Bergsportgeschäft in der Silberburgstraße, 30 verschiedene Sorten von Keimlingen und Pilze wachsen, ist von außen ist nicht zu erkennen. Und tatsächlich versteckt sich die Produktion auch in schwarzen Gewächshauszelten in den hinteren Räumen. Den lichtdurchfluteten Laden nutzt das Unternehmen für Verkostungen und zweimal wöchentlich für den Verkauf der Sprossen an Privatpersonen.
Jedrzej Cichocki ist der kreative Kopf hinter Kleinblatt. Nach ersten Erfahrungen aus einem einjährigen Indoorfarming-Projekt in München, das ein Gastronom finanziert, dann aber wieder eingestellt hatte, entschloss sich der junge Agrarwissenschaftler, parallel zum Studium, selbst in das Geschäft mit Keimlingen einzusteigen.
Ausgestattet mit 6.000 Euro Startkapital und einer Unterstützung der Uni Hohenheim in Form von kostenlosem Strom startete er mit seinem Kommilitonen Mauricio Ojeda in einem Wohnheimzimmer die Produktion. Im Dezember 2023 konnte das Duo, gefördert von der Stadt Stuttgart, in die Räume in der Silberburgstraße umziehen.
Inzwischen ziehen sie zu Fünft – alle kennen sich vom Studium in Hohenheim – in zehn Gewächshausregalen rund um die Uhr aus Rettich-, Erbsen- oder Karottensamen Sprossen. Und im Keller wachsen Austernseitlinge und andere Edelpilze. Abnehmer des vitaminreichen, frischen Superfoods sind rund 30 Restaurants aus Stuttgart und Umgebung. Der Masterabschluss des Unternehmensgründers muss darum weiter warten.
Im Gespräch mit den Agrarjournalisten stellt Jedrzej Cichocki die Nachhaltigkeit des Urban Farming-Konzeptes heraus. „Wir produzieren Lebensmittel in der Stadt für die Stadt. Frischer geht es nicht“, sagt er. Auch werden lange Transportwege gespart. Wo immer möglich bringt Kleinblatt seine Ware mit dem Lastenfahrrad zu den Kunden.
Stolz ist der Geschäftsführer außerdem auf den Verzicht auf Einwegplastikteile. Die Keimlinge werden auf ihren wiederverwendbaren Pflanzschalen, den sogenannten Channels, ausgeliefert. Das verlängert zudem die Haltbarkeit der Sprossen. Nach dem Abernten gehen die Channels mitsamt dem Pflanzsubstrat aus Hanffasern an Kleinblatt zurück. Das Substrat wird dann für die Pilzproduktion weiterverwendet.
Nach Cichockis Aussagen verbraucht Indoorfarming auch weniger Ressourcen als der herkömmliche Anbau. In den fünfstöckigen Gewächshauszelten seien die Umweltbedingungen sehr gut zu kontrollieren. Das Wasser für die Tröpfchenbewässerung wird im Kreislauf recycelt. Pflanzenschutzmittel kommen nicht zum Einsatz. Gelbtafeln fangen weiße Fliegen oder Blattläuse.
Gudrun Koeck