Tägliches Ringen um eine gute Vermarktung

Dieter Wagner kann über die Versteigerungsuhr von früher genauso viel erzählen wie über die moderne Vermarktung von heute. Foto: Krick

Der Pfalzmarkt in Mutterstadt behauptet sich als genossenschaftliches Vermarktungsunternehmen für Obst und Gemüse erfolgreich in einem Umfeld, das von der Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels und einer großen Preissensibilität geprägt ist. Die Mitglieder der Landesgruppe Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland habe sich vor Ort informiert.

Das Anbaugebiet, aus dem der Pfalzmarkt von 200 aktiven Mitgliedsbetrieben aus der Region beliefert wird, umfasst heute rund 15.000 Hektar. Es profitiert von guten Böden und vom milden Klima. Frischgemüse und Salate können hier rund vier Wochen früher als in anderen deutschen Regionen geerntet werden. Wie Firmenmitarbeiter Dieter Wagner erläutert, sind zudem zirka 13.000 Hektar bewässerungsfähig. Aufgrund dieser Voraussetzungen ist die Pfalz der Gemüsegarten Nummer 1 in Deutschland.

Im vergangenen Jahr setzte der Pfalzmarkt Obst und Gemüse im Wert von 147 Millionen Euro um. In diesem Jahr lag der Umsatz des Unternehmens laut einer aktuellen Meldung bis zum 31. August um fünf Millionen Euro über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Für das Jahr 2019 geht der Pfalzmarkt von einem Umsatz von 150 Millionen Euro aus.

Saison beginnt oft schon im Februar

Im Saisonverlauf bietet der Pfalzmarkt rund 240 verschiedene Frischeprodukte in über 15.000 Artikelvarianten an. Zum Zeitpunkt der Betriebsbesichtigung hatten Feldsalat, Speisekürbisse, Pastinaken, Rotkohl und Sellerie gerade Saison. Die großen Umsatzbringer über das Jahr gesehen sind jedoch Bundzwiebeln, Radieschen, Suppengrün, Lauch, Bundkarotten und Salate. Sie machen rund 80 Prozent der Gesamtmenge aus.

Im vergangenen Jahr wurden 230.000 Tonnen Erzeugnisse vermarktet, davon 95 Prozent Gemüse und 5 Prozent Obst. Zum Teil können schon ab Mitte Februar erste Produkte geliefert werden. Rhabarber ist eines der ersten Erzeugnisse im Jahr, gefolgt von Radieschen und Spargel.

Der Anteil der jeweiligen Gemüsekulturen an der Anbaufläche ist relativ konstant, berichtete Pfalzmarkt-Vorstand Hans-Jörg Friedrich. Zugenommen hat in den letzten Jahren der Anbau von Kürbissen, im Trend liege auch Schnittsalat und Gemüse in Miniformaten. Da heutzutage in den Haushalten weniger Zeit für die Zubereitung von Speisen verwendet wird, nimmt die Nachfrage beispielsweise nach Kopfsalat und Blumenkohl ab. Hinzu kommen saisonale und witterungsbedingte Schwankungen.

Der LEH gibt den Takt vor

Der Anbau ist ein „Minutengeschäft“. Es gibt keine längerfristigen Verträge mit dem Handel, nach denen man sich ausrichten könnte, so Friedrich. Im Winter setzen sich die Vermarkter des Pfalzmarktes mit den Anbauern zusammen, um Trends zu identifizieren – welche Kulturen und welche Sorten „laufen“, welche weniger? Konkreter wird es, wenn die Verkäufer des Pfalzmarktes mit dem Großhandel und dem Lebensmitteleinzelhandel das „Wochenprogramm“ durchsprechen und die Mengen für die Folgewoche kalkulieren. Allerdings kann der Handel dann immer noch abspringen. Verbindliche Aufträge gibt es erst für den jeweils nächsten Tag. „Der Bauer erntet erst, wenn bestellt wurde,“ erläutert Friedrich.

Umsätze werden zwischenfinanziert

Die Anbauer liefern die Ware erntefrisch und bereits in den vom LEH gewünschten Gebinden beim Pfalzmarkt an. In der Regel lagert die Ware dort nur wenige Stunden, bevor sie zum Zielort transportiert wird. Der Pfalzmarkt bezahlt die Ware seiner Erzeuger innerhalb von drei Tagen. „Die Betriebe sind wegen der hohen Kosten, insbesondere der Lohnkosten, auf Liquidität angewiesen“, so Friedrich. Der Handel lässt sich bei der Bezahlung dagegen länger Zeit, im Schnitt wird das Geld nach 45 bis 60 Tagen überwiesen. Der Pfalzmarkt muss entsprechend mit Krediten zwischenfinanzieren. Zahlungsausfälle gibt es kaum, „nur bei kleineren Händlern muss man genauer hinschauen,“ sagt der Vorstand.

Internationale Konkurrenz und hoher Preisdruck

Der Preisdruck ist enorm. Das liegt daran, dass sich der Handel bei vielen Vermarktungseinrichtungen im Inland, aber auch international bedienen kann und die Ware austauschbar ist. „Wir stehen im europäischen Wettbewerb“, so Friedrich. „Wer nicht mitspielt, ist weg. Wenn die Spanier die Zucchini 3 Cent billiger anbieten, dann kauft der Handel eben in Spanien.“

Um die Kunden auch außerhalb der Saison an sich zu binden, bietet der Pfalzmarkt neuerdings im Winter Gemüse aus dem Ausland an. Seinerseits exportiert der Pfalzmarkt etwa 15 Prozent der Menge, vor allem nach Skandinavien und nach England. Im Sommer, wenn es für den Gemüseanbau in Südeuropa zu heiß ist, auch nach Spanien und Frankreich.

Rückstands-Monitoring und Qualitätssicherung

Der Pfalzmarkt nutzt unter anderem die zertifizierten und anerkannten Qualitätsmanagementsysteme QS, Global GAP und IFS. Alle Produzenten sind laut Unternehmen im kontrolliert Integrierten Anbau und sind mit dem Qualitätszeichen Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.

Außerdem betreibt der Pfalzmarkt ein sehr detailliertes Rückstands-Monitoring vor der Beerntung der jeweiligen Schläge beziehungsweise Kulturen. Hierbei werden die Proben von der Gesellschaft für Bodenberatung, Laboruntersuchungen und Qualitätsprüfung (Bolap) in Speyer auf 398 verschiedene Substanzen untersucht, auf Kundenwunsch werden auch Sonderparameter bestimmt.

Die Auswertung erfolgt binnen 48 Stunden auf Grundlage gesetzlicher Vorgaben, sodass noch vor der Ernte entschieden werden kann, ob das Produkt bedenkenlos auf den Markt gegeben werden kann. Durch die große Erfahrung der Anbauer und die intensive Beratung kommt eine Überschreitung der Rückstandshöchstwerte allerdings in weniger als ein Prozent der beprobten Ware vor, wie Friedrich betont.

Immer weniger Betriebe

Der Strukturwandel ist auch im Anbaugebiet sehr deutlich spürbar. 2006 belieferten laut Friedrich noch 600 Betriebe den Pfalzmarkt, heute sind es 200. In fünf bis sieben Jahren werden es nach seiner Schätzung nur noch 120 sein. Die Anbaufläche werde aber relativ stabil bleiben. Aufgrund dieser Entwicklung gibt es Betriebe mit tausend Hektar. Die größten 40 Betriebe machen laut Friedrich über 80 Prozent des Umsatzes aus.

Cornelius Mohr/Katharina Büsse