Zwischen Auerochsen, Bunten Bentheimern und Simmentaler Fleckvieh

LG Rhein-Weser unterwegs: Fachexkursion am 9.4.2014

Auerochsenherde auf den Ruhrtal-Weiden
Auerochsenherde auf den Ruhrtal-Weiden

Der traditionsreiche Schultenhof im Ruhrtal Hattingen ist ein paradiesischer Fleck von 200 Hektar Grünland mit anteiligen Naturschutzflächen und seinem „Chef“ Alfred Schulte-Stade, der wie seine wild lebenden Tiere etwas urtypisches verkörpert.

Der 59-Jährige, der sich gerne als „gastronomischen Bauer“ oder „bäuerlichen Gastronomen“ bezeichnet, überraschte die Mitglieder der VDAJ-Landesgruppe „Rhein-Weser“ mit der Schilderung seiner ungewöhnlichen Vita. Den 1967 stillgelegten elterlichen Hof hatte Schulte-Stade 1983 wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt und sich mit Herzblut der artgerechten Tierhaltung verschrieben. Zuvor war der gelernte Koch über 16 Jahre für Küche & Kantine im Bochumer Opelwerk verantwortlich. Noch im März 2013 hatte sich das Schultenhof-Team auf der Kundgebung mit den „Opelanern“ solidarisch gezeigt und gut 8.000 Portionen frisch gekochter Westfälischer Kartoffelsuppe kostenlos verteilt.

Ideale Aufzucht- und Lebensbedingungen

Heute kann der Schultenhof-Chef neben seinen Erfahrungen als Kochprofi auf eine fundierte Landwirtschafts- und Tierzuchtpraxis zurückblicken. Ins unternehmerische Konzept passt auch, dass Schulte-Stade mit seiner ausgeprägten Leidenschaft für die Jagd stets frische Wildspezialitäten anzubieten hat.

Die zahlenmäßig schwer zu erfassende, ganzjährig weidende Auerochsenherde – eine einmal fast ausgerottete europäische Waldrindrasse – findet hier in den Ruhrauen ideale Aufzuchtbedingungen, was sich letztlich im Endnaturprodukt nieder schlägt: Ein natürlich gewachsenes wohlschmeckendes Stück „Wildfleisch“.

Die eigene Aufzucht und artgerechte Ammenkuhhaltung in unbelasteter Natur kommt auch dem robusten Simmentaler Fleckvieh zugute, das sich „natürlich fortpflanzt“. Bei extremer Witterung können sich die Fleischrasse-Rinder in den offen gebauten Klimastall zurückziehen. Und darauf legt der Schultenhof-Chef besonderen Wert: Der gesamte Tierbestand des Hofes steht unter regelmäßiger tierärztlicher Beobachtung und Kontrolle.

Haltung nach Bioland-Vorgaben

Zur Fütterung der Tiere betont Schulte-Stade: „Da wir alle Futtermittel selber erzeugen und keinerlei Futter von dritten Herstellern verwenden, können wir eine außergewöhnliche Qualität und absolute Schadstofffreiheit unseres Fleischangebotes garantieren“.

Einen weiteren Produktionszweig bilden die Schweine der „Bunten Bentheimer“-Rasse, die sich in Gruppen überwiegend im Eichenwald aufhalten. „So werden sie unter Berücksichtigung aller natürlichen Verhaltensweisen fast doppelt so alt wie die herkömmlichen Masttiere“, argumentiert Schulte-Stade. Das spiegelt sich auch im Erzeugerpreisniveau wider: „Ein Kilogramm Schweinekotelett verkaufen wir für 16,80 Euro im Hofladen!“

Versteht sich, dass auch das Geflügel auf dem Schultenhof nach den Bioland-Zertifizierungsrichtlinien gehalten und wie alle anderen erzeugten tierischen Produkte ausschließlich im eigenen Unternehmen vermarktet bzw. verarbeitet werden.

Betriebseigenes Schlachthaus

Besonders stolz ist Schulte-Stade auf das betriebseigene Schlachthaus mit kompetenten Fachkräften. „Damit ersparen wir den Tieren lange, belastende Transporte, stressige Schlachthofsituationen und eine automatisierte Massenabfertigung“, bemerkt der Schultenhof-Chef und fügt hinzu: „So können wir in der gesamten Produktionskette bis zuletzt einen positiven Einfluss auf die Fleischqualität nehmen“.

Produktion, Vermarktung, Catering

Sein unternehmerisches Konzept fasst Alfred Schulte-Stade wie folgt zusammen: „Wir stehen für konsequent traditionelle, hausgemachte Fleisch- und Wurstwaren, eine artgerechte Tierhaltung sowie Frischwild aus eigener Jagd und Herstellung. Wir handeln und wirtschaften nach dem Grundsatz ‚kulinarisch-ökologisch’“.

Das Stammpersonal von mittlerweile 60 Mitarbeitern ist auf die Bereiche Produktion, Vermarktung und Catering verteilt. Außer Hofladen und Ladenlokalen (u. a. in Hattingen, Essen) gehört die Ausrichtung von Events & Großveranstaltungen – von der Geburtsfeier bis zum Firmenjubiläum – zur Spezialität des Schultenhofes, der auch bei der jährlichen Ausrichtung des Hattinger Weihnachtsmarktes Regie führt.

Beruhigt ist Alfred Schulte-Stade („in meiner Ehefrau habe ich eine große Unterstützung“), dass auch die beiden Töchter beim Projekt Schultenhof voll mitziehen.

Dr. Dieter Barth

Die Mitglieder der VDAJ-Landesgruppe „Rhein-Weser“ nach der Planwagenfahrt mit Alfred Schulte-Stade
Die Mitglieder der VDAJ-Landesgruppe „Rhein-Weser“ nach der Planwagenfahrt mit Alfred Schulte-Stade