„Über allem der Klima- und Artenschutz“

Mit dem Regierungswechsel von „schwarz-gelb“ zu „rot-grün“ steht die Agrar- und Umweltpolitik in Nordrhein-Westfalen  unter neuen Vorzeichen. Das machte der seit Juli 2010 verantwortliche Minister Johannes Remmel (48) auch im Pressegespräch mit den VDAJ-Mitgliedern der Landesgruppen „Bonn“ und „Rhein-Weser“ am 16. November in Düsseldorf deutlich.

 

Schon bei Amtsantritt hatte Remmel seine ureigene „grüne Duftmarke“ gesetzt und seine Behörde in Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz umbenannt. Dazu Remmel: „.Klimaschutz steht ganz bewusst an erster Stelle im Namen unseres Ministeriums und bedeutet einen entscheidenden Eckpunkt bei allen unseren Zielvorstellungen und Maßnahmen“. So hat das Landeskabinett bereits Anfang November ein Klimaschutzgesetz als „Rahmengesetz und Zielbestimmung“ verabschiedet. Nach Aussage von Remmel wird 2011 ein Klimaschutzplan mit einer entsprechenden Klimafolgenstrategie sowie einem Monitoring erarbeitet

Besondere Zielvorstellungen
Neben dem Klimaschutz bestimmt der Artenschutz die Diskussion und Ableitung für die zu gestaltende NRW-Politik. Das gelte auch für die Vergabe von Fördermitteln: „Wir wollen eine Landwirtschaft, die ökonomisch, tier- und umweltgerecht, aber auch gesellschaftlich begründet ist“, so Minister Remmel vor der Agrarpresse. Besondere Zielvorstellungen verbindet das Düsseldorfer Ministerium u. a. mit der Reduzierung des Flächenverbrauchs (täglich gehen landesweit 15 Hektar bisher fast immer zu Lasten der Landwirtschaft verloren), mit der Überprüfung von Privilegien für gewerbliche Betriebe im Außenbereich und mit der Intensivierung des regionalen Potenzials in der nordrhein-westfälischen Öko-Landwirtschaft. Bei Öko-Produkten gibt es laut Remmel einen hohen Bedarf, der mit Hilfe einer neuen Marktstudie verifiziert werden soll. Man wisse schon jetzt, dass die NRW-Ernährungswirtschaft zusätzlich Bio-Ackerfrüchte auf einer Fläche von rund 50.000 ha verarbeiten könne.

Verbandsklagerecht beim Tierschutz
Auch der Tierschutz hat in der Landespolitik einen hohen Stellenwert. So hat Minister einen neuen Gesetzesentwurf mit dem Klagerecht für Tierschutzverbände eingebracht. Nach der Ressortabstimmung folge die anschließende Anhörung der Verbände, so dass das Gesetz wohl Mitte nächsten Jahres in Kraft trete. Auf die Frage nach einer Definition von Großmastanlagen und Massentierhaltung wollte sich Minister Remmel nicht festlegen, hier gehe es nicht um Quantität, sondern um qualitative Maßstäbe.

Neue Förderrichtlinien
Bei Anträgen zum Agrarinvestitionsprogramm besteht ein Antragsstopp, weil für das Jahr 2010 schlicht keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung stehen. Für die Zukunft – also ab 2011 – will man neue Förderrichtlinien zugrundelegen. Minister Remmel: „Hier gibt es noch Überlegungen und Klärungsbedarf in unserem Hause“.

Kritik an Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner
Doch Grünenminister Remmel will nicht allein Agrar- und Umweltpolitik in Nordrhein-Westfalen gestalten, sondern darüber hinaus seinen Einfluss in der Bundespolitik geltend machen. „Auch bei der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik nach 2013 wollen wir unsere Vorstellungen einbringen und Agrarsubventionen nach neuen Kriterien definieren und begründen“. Die deutschen Interessen sollten mehr Gewicht in der Diskussion über eine neue Agrarpolitik erhalten. Unverhohlene Kritik übte Remmel an Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, die ihre Führungsrolle weder konzeptionell noch strategisch wahr nehme.

Bleibt die Landwirtschaftskammer?
Eine Umstrukturierungsdebatte zur Agrarverwaltung – beispielsweise zur Existenz der Landwirtschaftskammer Nordhein-Westfalen – mag Remmel zum jetzigen Zeitpunkt nicht anstoßen: „Wir wollen die beste Verwaltung für den ländlichen Raum“, sagte er und verwies darauf, dass die „Zukunft vom Land kommt“, hier gehe es um Fortschritt, Qualität und Inhalte. Diskussionen über Strukturfragen seien „oft lähmend“. Zu weiteren Diskussionsthemen gehörten u. a. Änderungen zum Landschaftsgesetz, Emissionen und Baurecht, Förderung der Bioenergie, Waldwirtschaft als Naturerbe sowie Verbraucherbildung als Schulfach.

Fazit: Die VDAJ-Kolleginnen und –Kollegen lernten einen engagierten und kompetenten, mitunter etwas reservierten Minister Johannes Remmel kennen, der mit seinen Vorstellungen die Politik neu aufmischen will und auch wird, solange die Düsseldorfer Minderheitsregierung das Sagen hat.

Dr. Dieter Barth

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Wer ist Remmel?
Der 48jährige Johannes Remmel – seit dem 12. Juli 2010 NRW-Minister – war zehn Jahre zuvor umweltpolitischer Sprecher und parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Remmel ist verheiratet, hat zwei Kinder, stammt aus Siegen und hat Geschichte und katholische Theologie studiert.ba