Ab in die Tonne…?

Über Lebensmittelverdscn0100schwendung diskutierten am 4.11.2016 Experten in der Heimvolkshochschule am Seddiner See. Eingeladen dazu hatten Susanne Melior vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung  des Europäischen Parlaments und Pfarrer Martin Vogel, Beauftragter bei den Ländern Berlin und Brandenburg der Evangelischen Kirche. Valentin Thurn, Filmemacher und Gründer des Foodsharing e.V. gab einen bemerkenswerten Überblick über die Verschwendung von Lebensmitteln und zeigte Ausschnitte seines Films „Taste The Waste“.

Immerhin werden in Deutschland 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, diesen Wert will man bis 2030 halbieren. Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes will über die Vermittlung der Wertigkeit der Lebensmittel und entsprechender Preisgestaltung Einfluss nehmen auf die Minderung der Wegwerfrate. Die Produzenten, der Handel und letztlich der Verbraucher, können nur gemeinsam an die hohe Zielsetzung herangehen. Angesprochen wurde auch eine bessere Aufklärung und Sensibilisierung der Schul- und Vorschulkinder über verfehlte Ernährungsgewohnheiten und Einflussnahme auf vernünftige Steuerung der Werbemaßnahmen.

Aus Sicht des Handels steuerte Björn Fromm, Präsidiumsmitglied im Handelsverband Berlin-Brandenburg und Betreiber eines EDEKA-Geschäftes in Berlin seine Erfahrungen bei. Er verwies darauf, dass etwa 80 Prozent der Märkte mit den regionaltätigen Tafeln gute Zusammenarbeit pflegen. Die restlichen Märkte erwarten gesetzliche Regelungen, die sie von der Haftungsproblematik durch Haltbarkeitsangaben entlasten. Grundsätzlich erklärte er, der Handel hat kein Interesse Lebensmittel zu vernichten. Eine bessere Aufklärung des Verbrauchers ist zielführend, da oft das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) falsch interpretiert wird. Entscheidend ist das Käuferverhalten, deshalb sind die festgdscn0087elegten Standards und Normen zwischen Produzenten und Handel wichtig.

Interessante Einblicke der Wegwerfproblematik gab Anne-Sigrid Fumey vom Französischen Ministerium für Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft. Sie berichtete über das gesetzliche Wegwerfverbot für Lebensmittel in Frankreich. Seit Februar 2016 müssen große Supermärkte bereits unverkaufte Ware an gemeinnützige Organisationen spenden oder günstiger im Laden verkaufen. Das bringt sogar für die Spenden einen Steuervorteil bis zu 60 Prozent, so Fumey. Die Halbierung der Wegwerfrate von gegenwärtig 10,3 Millionen Tonnen, soll in Frankreich bereits 2025 erreicht sein.

Prof. Dr. Jürgen Kropp vom Potsdamer Institut für Klimafolgeforschung erörterte aus Sicht der Klimabelastung das Thema. Auch über den internationalen Handel müsse mehr nachgedacht werden. Susanne Melior, die die Veranstaltung moderierte verwies darauf, dass eine neue europäische Abfallrichtlinie erarbeitet wird, die insbesondere auch die Problematik des Wegwerfens von Lebensmitteln behandelt.
(Text/Fotos: Lutz Gagsch)